Metaphern & Therapeutische Geschichten
Seit Jahrhunderten werden Metaphern und Geschichten eingesetzt, um Erkenntnisse an andere Menschen weiter zu geben.
Therapeutische Geschichten helfen neue Perspektiven einzunehmen, laden aber auch zum Schmunzeln und Inspirieren ein.
Geschichten für die Seele können wertvolle Begleiter im Leben sein.
Therapeutische Geschichten lassen dem Hörenden oder Lesenden die Freiheit, selbst zu entscheiden, ob und welche Reaktionen darauf folgen.
Anders als bei üblichen Ratschlägen, regt eine Geschichte oft mehr zum Nachdenken an.
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Kommen Sie ruhig immer wieder zurück, denn mit der Zeit werden Sie einen anderen Blickwinkel haben und können immer wieder neue Ideen entdecken.
Erfreuen Sie sich an den Texten... mit vielen Aha-Erlebnissen.
«Nach einiger Zeit werden Sie erkennen, dass das Besitzen sehr
viel weniger Spaß macht als das Wünschen.
Das ist zwar nicht logisch, aber in den meisten Fällen zutreffend.»
S'chn T'gai Spock, Star Trek
Die leere Tasse Verfasser unbekannt
Eines Tages kam eine Schülerin zum Meister. Sie hatte schon so viel von dem weisen Mann gehört, dass sie unbedingt bei ihm studieren wollte. Sie hatte alle Angelegenheiten geregelt, ihr Bündel geschnürt und war den Berg hinauf gekommen, was sie zwei Tage Fußmarsch gekostet hatte.
Als die junge Frau beim Meister ankam, saß der im Lotussitz auf dem Boden und trank Tee. Sie begrüßte ihn überschwänglich und erzählte ihm, was sie schon alles gelernt hatte. Dann bat sie ihn, bei ihm weiterlernen zu dürfen.
Der Meister lächelte freundlich und sagte: "Komm in einem Monat wieder."
Von dieser Antwort verwirrt, ging die junge Frau zurück ins Tal. Sie diskutierte mit Freunden und Bekannten darüber, warum der Meister sie wohl zurückgeschickt hatte. Einen Monat später, erklomm sie den Berg erneut und kam zum Meister, der wieder Tee trinkend am Boden saß.
Diesmal erzählte die Schülerin von all den Hypothesen und Vermutungen, die sie und ihre Freunde darüber hatten, warum er sie wohl fortgeschickt hatte. Und wieder bat sie ihn, bei ihm lernen zu dürfen.
Der Meister lächelte sie freundlich an und sagte: "Komm in einem Monat wieder."
Dieses Spiel wiederholte sich einige Male. Es war also nach vielen vergeblichen Versuchen, dass sich die junge Frau erneut aufmachte, um zu dem Meister zu gehen. Als sie diesmal beim Meister ankam und ihn wieder Tee trinkend vorfand, setzte sie sich ihm gegenüber, lächelte und sagte nichts.
Nach einer Weile ging der Meister in seine Behausung und kam mit einer Tasse zurück. Er schenkte ihr Tee ein und sagte dabei: "Jetzt kannst du hier bleiben, damit ich dich lehren kann. In ein volles Gefäß kann ich nichts füllen."
Der suchende Segler Mathias Rudolpf
Es war einmal ein Segler, der gerade sein Boot fertig machte, um hinaus aufs Meer zu segeln.
Der Segler war auf der Suche, er wusste allerdings noch nicht so recht wonach. Er wusste nur, wenn er gefunden hätte, wonach er sucht, dann würde er es schon merken.
Also wollte er einfach lossegeln und schauen, wohin ihn der Wind treibt.
Da ging am Kai ein Kaufmann vorbei und fragte den Segler: „Wohin geht die Reise?“
Der Segler lächelte und antwortete: „Ich weiß es noch nicht. Mal schauen, wohin der Wind mich trägt.“
Der Kaufmann schaute nachdenklich, so als wollte er etwas sagen.
Doch er ging langsam weiter und sagte dann im Vorbeigehen leise vor sich hin: „Für einen Segler, der seinen Zielhafen nicht kennt, ist kein Wind der richtige.“
Der Segler hörte diese Worte.
Und er stockte, denn er musste darüber nachdenken, was der Kaufmann da gerade gesagt hatte.
Er hielt kurz inne und dachte nach: Hm ja, da steckt schon etwas Wahres drin.
Doch ich lasse mich vom Wind tragen, weil ich etwas suche, und ich weiß ja nicht wo. Deshalb will ich einfach nur die Welt kennen lernen und möglichst viel sehen und erfahren. Also stimmt genau das Gegenteil von dem, was der Kaufmann sagte: Jeder Wind ist mir recht!
Und dieser Gedanke beruhigte den Segler wieder.
Also löste der Segler die Leinen und brachte sein Boot hinaus aufs Meer.
Diesmal hatte er Glück: Der Wind pustete und pustete und gab ihm seine Richtung ohne Abweichung vor.
Nach einigen Tagen beständigen Segelns sah der Segler in der Ferne plötzlich wieder Land. Und er beschloss, sein Boot direkt darauf zuzusteuern.
Als er näher kam, konnte er seinen Augen kaum trauen: Welch ein wunderschöner Ort, an den ihn der Wind diesmal getragen hatte!
Der Segler legte sofort im Hafen an und ging an Land. Er war überwältigt, denn dieser Ort war noch viel schöner, als er zuerst geglaubt hatte …
Die Gebäude waren von strahlender Schönheit und gleichzeitig sehr gemütlich und einladend. Die Menschen hier lachten viel und waren auch sehr freundlich zu ihm. Das Wetter war hervorragend. Und das leckere Essen erst …
Hier würde es sich gut für einige Zeit aushalten lassen, denn dieser Ort war ein kleines Paradies auf Erden!
Der Segler blieb einige Tage an diesem Ort.
So lange, bis er eines Morgens aufwachte und plötzlich innerlich sehr unruhig war.
Er hörte wieder diese innere Stimme, die ihm immerzu so viele Fragen stellte:
„Willst du etwa hierbleiben?
Ist das hier das, wonach du suchst?
Dort draußen gibt es noch so viele unentdeckte Orte, könnte es nicht noch einen geben, der noch besser zu dir passt?
Wäre es jetzt nicht mal an der Zeit, deine Suche fortzusetzen? …“
Der Segler dachte sehr viel über diese Fragen nach, aber er fand keine rechte Antwort darauf.
Denn er wusste eben nicht, wonach er sucht.
Er konnte diese innere Stimme und ihre Fragen aber auch nicht ignorieren. Und so entschloss er sich, sein Boot am nächsten Tag wieder startklar zu machen.
Als er am nächsten Morgen begann, sein Boot mit Vorräten zu beladen, sah er einen alten Mann herunter in den Hafen kommen. Der alte Mann kam langsamen Schrittes direkt auf das Boot zu und setzte sich davor auf einen Stein.
Er fragte den Segler unvermittelt: „Was machst du da?“
Der Segler packte gerade noch die letzten Vorräte an ihren Bestimmungsort. Dann griff er nach der Leine, um den letzten Knoten zu lösen.
Er antwortete nebenbei: „Ich steche wieder in See und habe mein Boot dafür vorbereitet.“
Der alte Mann überlegte kurz. Dann fragte er: „Hat es dir hier nicht gefallen?“
Und der Segler sagte: „Doch! … Sehr sogar!“
Der alte Mann war sich kurz unsicher, ob er richtig gehört hatte …
Er fragte: „Warum willst du dann fort?“
Der Segler hielt kurz inne.
Dann antwortete er wahrheitsgemäß: „Ich bin auf der Suche … Ich weiß zwar noch nicht genau wonach, doch ich hoffe, dass mir das Leben darauf irgendwann eine Antwort gibt, wenn ich lossegle. Deshalb muss ich weiter.“
Den alten Mann schien diese Antwort irgendwie berührt zu haben. Denn auf einmal schaute er sehr nachdenklich zu Boden.
Dann sagte er: „Ich war einst so wie du … Auch auf der Suche.
Ich habe endlose Jahre auf dem Meer verbracht und dabei habe ich die ganze Welt gesehen, wirklich die ganze Welt …”
„Ich hatte immer das Gefühl, irgendwo dort draußen liegen die Antworten verborgen. Ich war der Sklave meiner unstillbaren Fragen. Sie haben mich mein Leben lang getrieben und mich rastlos gemacht …“
Dem Segler kamen sofort seine Fragen wieder in den Kopf, die ihn immer so rastlos werden ließen. Die ihm das Gefühl gaben, irgendwie nicht am richtigen Ort zu sein.
Er fragte sich, ob der alte Mann wohl das gefunden hatte, wonach er gesucht hatte …
Der alte Mann konnte dem Segler diese Frage aus seinem Gesicht ablesen.
Er holte tief Luft und sagte: „Ich habe mir geschworen, falls ich je einen Segler treffen sollte, der so ist, wie ich einst war – dann werde ich ihm berichten, was ich auf dem Meer gelernt habe.“
Der Segler schaute den alten Mann jetzt gebannt an.
Der alte Mann zögerte kurz, so als würde er seine Worte sehr sorgfältig abwägen.
Dann sah er aufs Meer hinaus: „Ich war auf der Suche dort draußen. Und meine Suche glich der Suche nach einem ‚Etwas‘ im Heuhaufen. Ich wusste nicht, ob es die Nadel war, der Knopf oder doch der Faden …”
„So folgte ich segelnd jedem Wind, in der Hoffnung, das Leben würde mir darauf schon eine Antwort geben. Ich glaubte, wenn ich finden würde, wonach ich suchte, dann wüsste ich es schon …“
Unvermittelt schaute der alte Mann den Segler mit ernstem Blick an: „Doch so war es nicht. Die ganze Zeit gab es nichts und niemanden, der mir je hätte eine Antwort darauf geben können.”
„Nicht das Leben, keine plötzliche Eingebung und auch kein alter weiser Mann. Niemand, außer mir selbst.“
Der Segler sah den alten Mann verwirrt an.
„Meine Fragen ließen mich einfach nie los, weil ich meine Suche falsch angegangen bin. Und nun bin ich alt …“ Er machte eine Pause.
„Bevor du auch nach Antworten dort draußen auf dem Meer suchst, suche erst nach Antworten in dir selbst.
Wer bist du?
Was möchtest du?
Wie soll der Ort sein, an dem du endlich glücklich bist?”
„Wenn du das weißt, dann ist der Heuhaufen zwar immer noch groß, aber du weißt wenigstens, wonach du suchen musst. Und das ist der wichtigste Teil deiner Suche!
„Diese Antworten findest du nur in dir selbst und nicht dort draußen auf dem Meer … Erst wenn du weißt, wer du bist und was du willst, erst dann wirst du auch wissen, wann du auf deiner Suche fündig geworden bist.“
Der Segler schaute weit aufs Meer hinaus.
Er schloss seine Augen und atmete einen tiefen Zug salziger Luft ein.
Dann griff er nach der Leine und band den Knoten wieder zu.
Die kleine Seele spricht mit Gott Neale Doald Walsch
Einmal, vor zeitloser Zeit, war eine kleine Seele, die sagte zu Gott: „Ich weiß, wer ich bin!“ Und Gott antwortete: „Oh, das ist ja wunderbar! Wer bist du denn?“
Die kleine Seele rief: „Ich bin das Licht!“ Und auf Gottes Gesicht erstrahlte das schönste Lächeln. „Du hast recht“, bestätigte er, „du bist das Licht.“ Da war die kleine Seele überglücklich, denn sie hatte genau das entdeckt, was alle Seelen im Himmelreich herausfinden wollen.
„Oh“, sagte die kleine Seele, „das ist ja toll!“
Doch bald genügte es der kleinen Seele nicht mehr, zu wissen, wer sie war. Sie wurde unruhig, ganz tief drinnen, und wollte nun sein, wer sie war.
So ging sie wieder zu Gott. Sie sagte: „Hallo Gott! Nun weiß ich, wer ich bin, könnte ich es da nicht auch sein?“
Und Gott antwortete der kleinen Seele: „Du meinst, dass du sein willst, was du schon längst bist?“ „Also“, sprach die kleine Seele, „es ist schon ein Unterschied, ob ich nur weiß, wer ich bin, oder ob ich es auch wirklich bin. Ich möchte fühlen, wie es ist, das Licht zu sein!“
„Aber du bist doch das Licht“, wiederholte Gott und er lächelte wieder. Doch die kleine Seele jammerte: „Ja, aber ich möchte doch wissen, wie es sich anfühlt, das Licht zu sein!“ Gott schmunzelte. „Nun, das hätte ich mir denken können. Du warst schon immer recht abenteuerlustig. Es gibt da nur eine Sache ...“, sagte Gott und schaute dabei sehr ernst drein. „Was denn?“, fragte die kleine Seele.
"Nun, es gibt nichts außer Licht. Weiß du, ich habe nichts anderes erschaffen als das, was du bist. Und deshalb wird es nicht so einfach für dich, zu werden, wer du bist. Denn es gibt nichts, was nicht so ist wie du.“
„Wie?“, fragte die kleine Seele und war ziemlich verwirrt. „Stell es dir so vor“, begann Gott, „du bist wie der Schein einer Kerze in der Sonne. Und genau so soll es auch sein. Und neben dir gibt es noch viele Millionen Kerzen, gemeinsam seid ihr die Sonne. Doch die Sonne wäre nicht die Sonne, wenn du fehlen würdest. Schon mit einer Kerze weniger wäre die Sonne nicht mehr die Sonne, denn sie könnte nicht mehr ganz so hell strahlen. Die große Frage ist also: Wie kannst du herausfinden, dass du Licht bist, wenn du überall von Licht umgeben bist?“
Da erwiderte die kleine Seele frech: „Du bist doch Gott! Überleg dir halt etwas!“ „Du hast recht“, sagte Gott und lächelte wieder. „Und mir ist auch schon etwas eingefallen: Da du Licht bist und dich nicht erkennen kannst, wenn du nur von Licht umgeben bist, werden wir dich einfach in Dunkelheit einhüllen.“
„Was ist denn Dunkelheit?“, fragte die kleine Seele neugierig. Gott antwortete: „Dunkelheit ist das, was du nicht bist.“
„Werde ich Angst davor haben?“, wollte die kleine Seele wissen. „Nur, wenn du Angst haben willst“, antwortete Gott. „Es gibt überhaupt nichts, wovor du dich fürchten müsstest, es sei denn, du willst dich fürchten. Weißt du, die ganze Angst denken wir uns nur selbst aus.“
„Aha“, die kleine Seele nickte verständig und fühlte sich gleich wieder besser. Dann erklärte Gott, dass oft erst das Gegenteil von dem erscheinen müsse, was man erfahren wolle. „Das ist ein großes Geschenk“, sagte Gott, „denn ohne das Gegenteil könntest du nie erfahren, wie etwas wirklich ist:
Du würdest Wärme nicht ohne Kälte erkennen, Oben nicht ohne Unten, Schnell nicht ohne Langsam. Du könntest Rechts nicht ohne Links erkennen, Hier nicht ohne Dort und Jetzt nicht ohne Später. Und wenn du von Dunkelheit umgeben bist“, schloss Gott, „dann balle nicht die Faust und erhebe nicht die Stimme, um die Dunkelheit zu verwünschen.
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Das Geheimnis der Zufriedenheit Verfasser unbekannt
Es kamen ein paar Suchende zu einem alten Zenmeister.
"Herr", fragten sie "was tust du, um glücklich und zufrieden zu sein? Wir wären auch gerne so glücklich wie du."
Der Alte antwortete mit mildem Lächeln: "Wenn ich liege, dann liege ich. Wenn ich aufstehe, dann stehe ich auf. Wenn ich gehe, dann gehe ich und wenn ich esse, dann esse ich."
Die Fragenden schauten etwas betreten in die Runde. Einer platzte heraus: "Bitte, treibe keinen Spott mit uns. Was du sagst, tun wir auch. Wir schlafen, essen und gehen. Aber wir sind nicht glücklich. Was ist also dein Geheimnis?"
Es kam die gleiche Antwort: "Wenn ich liege, dann liege ich. Wenn ich aufstehe, dann stehe ich auf. Wenn ich gehe, dann gehe ist und wenn ich esse, dann esse ich."
Die Unruhe und den Unmut der Suchenden spürend, fügte der Meister nach einer Weile hinzu: "Sicher liegt auch Ihr und Ihr geht auch und Ihr esst.
Aber während Ihr liegt, denkt Ihr schon ans Aufstehen. Während Ihr aufsteht, überlegt Ihr wohin Ihr geht und während Ihr geht, fragt Ihr Euch, was Ihr essen werdet. So sind Eure Gedanken ständig woanders und nicht da, wo Ihr gerade seid. In dem Schnittpunkt zwischen Vergangenheit und Zukunft findet das eigentliche Leben statt. Lasst Euch auf diesen nicht messbaren Augenblick ganz ein und Ihr habt die Chance, wirklich glücklich und zufrieden zu sein."
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Die Schnecke und der Kirschbaum Anthony de Mello
Es war einmal eine Schnecke, die sich an einem nasskalten, grauen und stürmischen Frühjahrstag aufmachte, am Stamm eines Kirschbaumes hinaufzuklettern.
Die Spatzen, die überall im Garten saßen, lachten über die Schnecke und zwitscherten: “Du bist ja ein Dummkopf – schau doch, da sind überhaupt keine Kirschen am Baum! Warum machst du dir die Mühe, da hochzuklettern?”
Die Schnecke kroch unbeirrt weiter und sagte zu den Spatzen: “Das macht mir nichts – bis ich oben angekommen bin, sind Kirschen dran!”
Insel der Gefühle Verfasser unbekannt
Vor langer Zeit existierte einmal eine wunderschöne, kleine Insel. Auf dieser Insel waren alle Gefühle der Menschen zu Hause: Der Humor und die gute Laune, die Traurigkeit und die Einsamkeit, das Glück und das Wissen und all die vielen anderen Gefühle. Natürlich lebte auch die Liebe dort.
Eines Tages wurde den Gefühlen jedoch überraschend mitgeteilt, dass die Insel sinken würde. Also machten alle ihre Schiffe seeklar, um die Insel zu verlassen. Nur die Liebe wollte bis zum letzten Augenblick warten, denn sie hing sehr an ihrer Insel.
Bevor die Insel sank, bat die Liebe die anderen um Hilfe.
Als der Reichtum auf einem sehr luxuriösen Schiff die Insel verließ, fragte ihn die Liebe: “Reichtum, kannst du mich mitnehmen?”
“Nein, ich kann nicht. Auf meinem Schiff habe ich sehr viel Gold, Silber und Edelsteine. Da ist kein Platz mehr für dich.”
Also fragte die Liebe den Stolz, der auf einem wunderbaren Schiff vorbeikam. “Stolz, bitte, kannst du mich mitnehmen?”
“Liebe, ich kann dich nicht mitnehmen”, antwortete der Stolz, “hier ist alles perfekt und du könntest mein schönes Schiff beschädigen.”
Als nächstes fragte die Liebe die Traurigkeit: “Traurigkeit, bitte nimm du mich mit.”
“Oh Liebe”, sagte die Traurigkeit, “ich bin so traurig, dass ich allein bleiben muss.”
Als die gute Laune losfuhr, war sie so zufrieden und ausgelassen, dass sie nicht einmal hörte, dass die Liebe sie rief.
Plötzlich aber rief eine Stimme: “Komm Liebe, ich nehme dich mit.”
Die Liebe war so dankbar und so glücklich, dass sie ganz und gar vergaß, ihren Retter nach seinem Namen zu fragen.
Später fragte die Liebe das Wissen: “Wissen, kannst du mir vielleicht sagen, wer es war, der mir geholfen hat?”
“Ja sicher”, antwortete das Wissen, “das war die Zeit.”
“Die Zeit?” fragte die Liebe erstaunt, “Warum hat mir die Zeit denn geholfen?”
Und das Wissen antwortete: “Weil nur die Zeit versteht, wie wichtig die Liebe im Leben ist.”
Geschickt gefragt Verfasser unbekannt
Es waren einmal zwei Mönche, die es einfach nicht lassen konnten, während des Gebets zu rauchen.
Da sie aber das schlechte Gewissen plagte, schrieben sie jeweils einen Brief an ihren Ordensoberen, um ihn darüber seiner Meinung zu befragen.
Als Antwort erhielt der eine Mönch die Erlaubnis weiter rauchen zu dürfen, der andere jedoch ein Verbot. Darüber wunderten sie sich doch sehr.
Der Mönch, dem das Rauchen erlaubt wurde, fragte den anderen: "Was hast du denn den Oberen gefragt?" "Ich habe gefragt, ob ich während des Betens rauchen darf."
"Und ich", antwortete der, der eine Erlaubnis bekommen hatte, "habe gefragt, ob ich während des Rauchens beten darf."
Was ist eigentlich das Leben? nach einem schwedischen Märchen
An einem schönen Sommertag um die Mittagszeit war große Stille am Waldrand. Die Vögel hatten ihre Köpfe unter die Flügel gesteckt, und alles ruhte. Da streckte der Buchfink sein Köpfchen hervor und fragte. «Was ist eigentlich das Leben?»
Alle waren betroffen über diese schwierige Frage...
Die Heckenrose entfaltete gerade eine Knospe und schob behutsam ein Blatt ums andere heraus. Sie sprach: «Das Leben ist eine Entwicklung.»
Weniger tiefsinnig veranlagt war der Schmetterling. Er flog von einer Blume zur anderen, naschte da und dort und sagte: «Das Leben ist lauter Freude und Sonnenschein.»
Drunten im Gras mühte sich eine Ameise mit einem Strohhalm, zehnmal länger als sie selbst, und sagte: «Das Leben ist nichts als Arbeit und Mühsal.»
Geschäftig kam eine Biene von einer pollenhaltigen Blume auf die Wiese zurück und meinte dazu: «Nein, das Leben ist ein Wechsel von Arbeit und Vergnügen.»
Wo so weise Reden geführt werden, streckte auch der Maulwurf seinen Kopf aus der Erde und brummte: «Das Leben? Es ist ein Kampf im Dunkeln.»
Nun hätte es fast einen Streit gegeben, wenn nicht ein feiner Regen eingesetzt hätte, der sagte: «Das Leben besteht aus Tränen, nichts als Tränen.»
Dann zog der Buchfink weiter zum Meer. Dort brandeten die Wogen, warfen sich mit aller Gewalt gegen die Felsen und stöhnten: «Das Leben ist wie ein vergebliches Ringen nach Freiheit.»
Hoch über ihnen zog majestätisch der Adler seine Kreise. Er frohlockte: «Das Leben, das Leben ist ein Streben nach oben.»
Nicht weit vom Ufer entfernt stand eine Weide. Sie hatte der Sturm schon zur Seite gebogen. Sie sagte: «Das Leben ist ein Sich neigen unter eine höhere Macht.»
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Dann kam die Nacht.
Mit lautlosen Flügeln glitt der Uhu über die Wiese dem Wald zu und krächzte: «Das Leben heißt, die Gelegenheit zu nutzen, wenn andere schlafen.»
Und schließlich wurde es still in Wald und Wiese.
Nach einer Weile kam ein junger Mann des nächtlichen Weges. Er legte sich müde ins Gras, streckte alle Viere von sich, wurde schläfrig und meinte, erschöpft vom vielen Tanzen und Trinken: «Das Leben ist das ständige Suchen nach Glück und eine lange Kette von Enttäuschungen.»
Stunden später stand die Morgenröte auf in voller Pracht und sprach:
«So wie ich, die Morgenröte, Beginn eines neuen Tages bin, so ist das Leben der
Anbruch der Ewigkeit!»
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Was ist eigentlich das Leben?